Weibsbilder: Ein Abend im Zeichen der Erklärung der Menschenrechte
Birgit Wippermann (re.) bat Anne Berner (li.) und Marianne Versin-Werzler von der Schwerter Amnesty International Gruppe zu einem interessanten Austausch auf die Bühne. Fotos: Christel R. Radix
Schwerte. Einen hoch interessanten Abend erlebten am Dienstag die ausschließlich weiblichen Gäste bei der Weibsbilder-Veranstaltung in der Rohrmeisterei. Es ging um Menschenrechte – eingebettet in ein fünf-Gänge-Menü aus der Rohrmeistereiküche. Gastgeberin Birgit Wippermann hatte dazu Anne Berner und Marianne Versin-Werzler von der Schwerter Amnesty International Gruppe eingeladen. Sie trafen auf die Frauenbiografin Suzanne Bohn, die die Pariser Anwältin, Schriftstellerin und Menschenrechtskämpferin Gisèle Halimi vorstellte.
„Amnesty International versucht mit all seinen Aktionen, die Mitglieder der Vereinten Nationen dazu zu bringen, die Menschenrechte einzuhalten. Denn nicht alle unterzeichnenden Staaten halten sich an die Konventionen“, erklärte Marianne Versin-Werzler. Als Beispiele führte sie die Todesstrafe in den USA oder die Verstöße in Ländern ie Iran, China, Nordkorea oder der Türkei an.
Gastgeber und Gäste (v.li.):Katja Kuster, Pia Sandermeier (Rohrmeisterei), Suzanne Bohn, Helga Hübner (AG Schwerter Frauen), Marianne Versin-Wenzler, Anne Berner und Birgit Wippermann.
Briefaktionen von Amnesty International mit Erfolg gekrönt
Anne Berner und Marianne Versin-Werzler erklärten beim Talk auf der Bühne mit Birgit Wippermann die Arbeit von Amnesty International. Nach einem historischen Abriss über die Anfänge und die Arbeit von Amnesty International, zeigten sie Arbeit der Schwerter Gruppe auf. Das zehn Mitglieder starke Team trifft sich einmal im Monat und bereitet Aktionen wie die Briefaktionen, vor. Sie informieren in Schwerter Schulen und Bildungsinstitutionen, halten Seminare ab und nehmen an bundesweiten Kampagnen teil.
Menschenrechtsarbeit vor Ort
„Ein Drittel aller Aktionen von Amnesty International hat Erfolg“, verkündete Anne Berner. Ein Beispiel für eine gelungene Aktion sei die Briefaktion gewesen, die wegen einer Zwangsverheiratung einer Zehnjährigen als vierte Frau mit einem 70-Jährigen in Burkina Faso durchgeführt wurde. „Das hat die Schwerter sehr aufgewühlt“, erinnerte sich Anne Berner. Reihenweise wären Menschen in die Stadtbibliothek, wo sie einen Stand haben, gekommen, um die Petition zu unterschreiben.
Zu den Briefen aus Schwerte erhielt die Regierung Briefe aus aller Welt, wie immer bei diesen Briefaktionen. „Die können sie nicht ignorieren“, sind die Menschenrechtskämpferin überzeugt. So habe der Justizminister von Burkina Faso zugesagt, das Heiratsalter auf 18 gesetzlich hochzusetzen und Zwangs- und Frühverheiratung ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Mehr zu der Arbeit, den Aktionen und Erfolgen unter www.amnesty-gruppe-schwerte.de.
Gisèle Halimi: die geborene Rebellin
Mitreißend ließ die Kulturjournalistin Suzanne Bohn die Gäste an Gisèle Halimis mutigem Leben teilnehmen.
Keiner der Gäste beimWeibsbilderabend hatte bis dato von Gisèle Halimi gehört. Mitreißend stellte die Kulturjournalistin Suzanne Bohn die heute 91-Jährige vor. Geboren in Tunesien, ihr Vater Araber, ihre Mutter orthodoxe Jüdin, wächst Gisèle Halimi in armen Verhältnissen auf. „Sie ist eine geborene Rebellin. Sie hat nur ein Problem: Sie kann nicht kuschen“, so Suzanne Bohn. Schon mit 15 tritt sie für den Feminismus ein, mit Hilfe von Stipendien besucht Gisèle Halimi das Gymnasium und studiert Jura und Philosophie. Sie wird 1949 als Anwältin zugelassen und eröffnete in Paris eine eigene Anwaltskanzlei. Sie kämpft gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, das Abtreibungsgesetz, demonstriert, schreibt 20 autobiographische Bücher. Die Menschenrechtskämpferin war Abgeordnete unter Mitterand, Botschafterin der UNESCO für Menschenrechte und hat ATTAC mitbegründet.
Fesselnd schilderte Suzanne Bohn den Lebensweg von Gisèle Halimi. Gespickt mit viel historischen Fakten, die aufhorchen ließen. Wussten Sie, dass die Guillotine in Frankreich bis 1977 angewandt wurde? Abgeschafft wurde sie 1981 durch Gisèle Halimi und Giscard d‚Estaing. „Gisèle Halimi verfolgte unbeirrbar ihre Ziele. Sie hat Charisma. Meiner Meinung nach hat sie wenig Humor und ich vermisse die Diplomatie“, resümierte Suzanne Bohn. Diese Attribute fehlen der Kulturjournalistin allerdings nicht.
(Quelle: Ruhrtal Journal, 09.10.2018)